Heute besprechen wir das Buch »Und du willst wirklich Lehrer werden, Grundschullehrer?« von Ina Brockmann, erschienen beim Verlag Europa Buch. Wir präsentieren hier ein Interview mit der Autorin des Buches, um die literarischen Aspekte und die wichtigsten Erfahrungen zu verdeutlichen, die in diesem Text verdichtet sind. Wir besprechen auch die wichtigsten Themen, die die Autorin im Laufe ihres Schreibens anspricht und die sie mit ihren Leserinnen und Lesern teilen möchte.
»Und du willst wirklich Lehrer werden, Grundschullehrer?« von Ina Brockmann, erschienen beim Verlag Europa Buch, ist zuerst ein Buch der Fragen: “Sollten die Kinder in der Schule Entertainment erwarten können?“ Das ist eine der Fragen, die Ina Brockmann in ihrem Buch stellt. Ein Buch, in dem die Autorin über die Bedeutung des Unterrichts und die damit verbundenen Implikationen nachdenkt. Implikationen, mit denen es nicht immer leicht ist, sich auseinanderzusetzen.
Hier ist das Interview mit der Autorin: Viel Spaß beim Lesen.
Welche Erfahrungen haben Sie dazu gebracht, dieses Buch zu schreiben und welche pädagogischen Theorien haben Sie beeinflusst?
Während meiner Ausbildung wurde viel Wert auf einen handlungsorientierten Unterricht gelegt. Das ist ein methodisch-didaktisches Konzept, bei dem die Ganzheitlichkeit des Lernprozesses eine wichtige Rolle spielt. Also: Wenn man beispielsweise das Thema Indianer behandelt, dann wird die Anzahl der Stangen für ein Duzend Tipis berechnet, ein Indianerbuch gelesen, Mokassins, Traumfänger, Indianertrommeln und Lederbeutel erstellt, Tänze und Gesänge eingeübt und anschließend ein Powwow mit der gesamten Jahrgangstufe veranstaltet. Voraussetzung für diese Art Unterricht ist, dass möglichst viel in Klassenlehrerhand stattfindet.
Es folgte eine Zeit der Orientierung zu immer mehr Fachunterricht hin, angeblich, damit die Kinder im Vertretungsfall gut versorgt und besser auf die weiterführenden Schulen vorbereitet würden. In einer Zeit, in der Kinder für eine positive Entwicklung, Konstanz in ihrem familiären und schulischen Umfeld brauchen, wurden Flexibilität und Fachlehrerunterricht in einem, wie ich finde, ungesunden Maß forciert. Darüber hinaus haben Forderungen nach mehr Medienkompetenz, früherem Englischunterricht, Gesundheitserziehung und die Übernahme von immer mehr erzieherischen Tätigkeiten, die eigentlich im familiären Umfeld zu leisten wären, das Aufgabenfeld von Lehrern kontinuierlich vom Lernbegleiter weg und zum Erzieher hin geprägt.
Ich sah und sehe meine pädagogische Freiheit zunehmend eingeschränkt und das Schreiben half und hilft, mir ein wenig Luft zu verschaffen.
Wie ist der Zusammenhang zwischen Spaß und Lernen?
Dazu habe ich mich in meinem Buch unter dem Stichwort Bildungskarantene geäußert. Kinder sollten mit Freude lernen. Das drückt der Begriff “Frohes Schaffen” aus. Frohes Schaffen meint, dass etwas in der Schule geschafft wird, dass man sich anstrengen muss, dass es zwangsläufig nicht immer Spaß macht, aber man sich wünscht, dass man es gern tut. Schaffen muss Jede und Jeder. Schaffen heißt Arbeiten. Arbeiten ist eine Pflicht, die Jede und Jeder zu erfüllen hat, Eltern wie Kinder. Wenn man etwas geschafft hat, kann man auf sein Ergebnis stolz sein. Das bereitet dann auch Freude.
„Spaß“ hingegen suggeriert den Kindern, dass es sich um ein freiwilliges Angebot handelt. Man kann eine Aufgabe erledigen oder eben auch nicht. „Ich hatte keinen Bock“, lauten dann die Entschuldigungen für fehlende Hausaufgaben. „Es macht keinen Spaß“, ist die Antwort auf die Nachfrage nach dem Motiv der Arbeitsverweigerung.
Natürlich kann man in der Schule auch Spaß haben. Wenn man ins Theater fährt, Apfelmus kocht oder vor den Herbstferien ein Kartoffelfest veranstaltet, dann haben sicherlich die meisten Spaß daran. Wenn der Lehrerin ein Fehler passiert oder sie zu Karneval als Vampir erscheint, freuen sich Grundschüler ungemein. Aber es ist eine irrtümliche Überzeugung, dass die Aneignung von Wissen mit Spaß einhergehen muss. Kann ja – muss nein.
Welche Rechte und Pflichten hat ein Lehrer?
Die Rechte und Pflichten der Lehrenden werden in den §§3-19 der Allgemeinen Dienstordnung beschrieben. Dort finden sich Ausführungen zu den Stichworten: “Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern, Pädagogische Freiheit und Verantwortung, Unterrichtsplanung, Unparteilichkeit, Individuelle Förderung, Information und Beratung, weitere Aufgaben, Fortbildung, Unterrichtseinsatz, außerunterrichtliche Angebote, Arbeitszeit, Vertretungsunterricht, Mehrarbeit, Urlaub, Abwesenheit, Beschwerden, Eingaben, Klassenlehrerin.” Der aufmerksame Leser wird ahnen, dass es sich bei der pädagogischen Freiheit um ein Recht handelt – “Konferenzbeschlüsse dürfen die Freiheit und Verantwortung der Lehrenden bei der Gestaltung des Unterrichts und der Erziehung nicht unzumutbar einschränken.” – während alle anderen Stichworte die Pflichten der Lehrenden näher erläutern. Das gilt auch für das Stichwort Urlaub. Die Sommerferien eines Lehrenden dauern nämlich schon seit Jahren nicht mehr sechseinhalb Wochen. “In der letzten Woche vor Unterrichtsbeginn des neuen Schuljahres müssen sich die Lehrenden zur Dienstleistung für schulische Aufgaben bereit halten.” Aus diesem Grund wird die erste Konferenz des neuen Schuljahres auch gerne in diesem Zeitraum gelegt.”
Welche Methode und welches soziale Umfeld sind am besten für die Entwicklung eines Kindes?
Es gibt nicht die eine Methode der Erziehung und auch nicht das eine soziale Umfeld. Ich denke, eine gute Voraussetzung für eine positive Entwicklung eines Kindes ist es, wenn die Kinder gesund sind. Immer mehr Kinder kommen mit Erkrankungen in die Schule, auf die es Rücksicht zu nehmen gilt. Die Liste der schulischen Beeinträchtigungen, an die ich mich erinnere und die als Diagnose fixiert waren umfasst ADS, ADHS, Allergien, Asperger-Syndrom, Asthma, Autismus, Depression, Diabetes, ESE, FAS, Hashimoto-Thyreoiditis, Herzklappenfehler, Hochwuchs, Kinefelter-Syndrom, LRS, Propriorezeption, Schwerhörigkeit und Tourette-Syndrom. Für die Zunahme dieser Krankheiten sind nicht einzelne Eltern verantwortlich, vielmehr sind sie Ausdruck einer ungesunden Gesellschaft, einer ungesunden Art und Weise zu leben: Zu schnell, zu hektisch, zu laut, zu arm.
Insofern muss die Antwort auf die Frage auch globaler ausfallen. Wenn wir Kindern einen guten Start in das schulische Lernen ermöglichen wollen, sind Faktoren wie gesicherter Lebensunterhalt, gesunde Nahrung, ausreichend Schlaf und Ruhephasen, Zuwendung und gegenseitiger Respekt in jedem Fall hilfreich.
Wie war Ihre Erfahrung als Autor mit Europa Verlag? Würden Sie es wieder tun? Planen Sie, weitere Bücher zu schreiben?
Meine Erfahrung ist gut. Eigentlich habe ich zwei weitere Manuskripte weitgehend fertig.
“Nummer 4 – Über das Leben, Sterben und Erben in einem katholischen Elternhaus mit fünf Töchtern” ist ein autobiografischer Rückblick. “J.W.D – Ostwestfalen unterwegs” ist eine Sammlung von Reiseeindrücken in Prosa und Gedichtform. Auch erste Ideen zu einer Fortsetzung des Buches “Und du willst wirklich Lehrer werden, Grundschullehrer?” sind schon niedergeschrieben. Zu Stichworten wie Rassismus, I-Männchen, Lehrergesundheit oder Sicherheit im Schulsport habe ich mich ja noch nicht geäußert. Manchmal tut es gut, Gedanken aufzuschreiben, statt sich über nicht veränderbare Tatsachen aufzuregen. So wächst auch ein Manuskript mit dem Titel: “Die Schwiegermutter und andere Kuriositäten.”
Meine Erfahrung mit dem Europa Verlag zeigt mir, dass ich diese Manuskripte in der vorliegenden Form nicht einreichen sollte, da der Verlag zwar Rechtschreibfehler korrigiert, aber kein Lektorat im eigentlichen Sinn übernimmt. Dazu kam in der Vergangenheit das Problem, dass ich meine Anmerkungen und Korrekturen nicht unmittelbar in die Druckfassungen einarbeiten konnte. Ein Problem deshalb, weil zahlreiche Rechtschreibfehler wie z.B. eine fehlerhafte Silbentrennung erst in der Druckfassung auftauchten.
Sollte ich noch einmal ein Manuskript einreichen, würde ich im Vorfeld sehr differenziert das Layout abfragen und das Manuskript dementsprechend vorbereiten.
Wir danken der Autorin für die Beantwortung unserer Fragen und die Hilfe, den Text und die damit verbundenen Themen auf den Kern zu bringen. »Und du willst wirklich Lehrer werden, Grundschullehrer?« von Ina Brockmann, erschienen beim Verlag Europa Buch, verdient es, aufmerksam gelesen zu werden und lässt uns auf eine lehrreiche Reise gehen, an deren Ende wir alle bewusster der Rolle der guten Schule werden können.