Heute besprechen wir das Buch Volkswirtschaftliche Neuorientierungen für Praktiker und Wirtschaftsstudenten von Prof. Dr. Adolf Wagner, erschienen beim Verlag Europa Buch. Wir präsentieren hier ein Interview mit dem Autor des Buches, um die persönlichen Aspekte und die wichtigsten Erfahrungen zu verdeutlichen, die in diesem Text verdichtet sind. Wir besprechen auch die wichtigsten Themen, die der Autor im Laufe seines Schreibens anspricht und die er mit seinen Leserinnen und Lesern teilen möchte.
Volkswirtschaftliche Neuorientierungen für Praktiker und Wirtschaftsstudenten von Prof. Dr. Adolf Wagner, erschienen beim Verlag Europa Buch, gibt nun Orientierung über die Köpfe unterschiedlicher Professorengruppen hinweg, damit man wieder zu angemessenen Erwartungen gegenüber dem Fachwissen findet. Es gibt nämlich die allzu Selbstsicheren (allen voran Paul A. Samuelson und Paul Krugman), die Fehlerbewussten (Gregory Mankiw, Mark Taylor und andere), jedoch allzu viele Engstirnige und Rechthaberische, die das zeitweilig und regional Gültige für alle Zeiten und alle Länder – als Klassiker, Keynesianer, Monetaristen u. a. – verallgemeinern wollten. Maurice Allais hat dazu bei seiner Nobel-Lesung 1988 vorsichtig gestanden: „Die vorherrschenden Ideen, so irrig sie auch sein können, gewinnen einfach durch ständige Wiederholung den Charakter von etablierter Wahrheit, die man nicht in Frage stellen kann, ohne sich dem Bannstrahl des ‚Establishments‘ auszusetzen.“ Die Verwirrung, die Fachleute angerichtet haben, ist groß. Sie wird durch ein „Management der Politiker“ nochmals vergrößert, so dass der Bürger völlig den Überblick verliert.
Mit Budget-Disziplin und globalen „Step Cycles“ kommt die freiheitliche „Marktwirtschaftliche Demokratie“ (eine deutsche „Mixed Economy“) voran, die im Alltag an der Basis mit verschränkten Marktmechanismen einerseits und Demokratiemechanismen andererseits wirkt.
Die Lehre der Nationalökonomik (für die staatlich eingebundene Volkswirtschaft) bietet dazu nur eine Vor- oder Meta-Ökonomik mit unscharfen Variablen, ungenauen Daten, weichen Verknüpfungen und alternativen, diskutierbaren Konzeptionen an, damit man – zum Systemdenken angeregt – mit eigenen Vorgehensweisen spezielle Quasi-Theorien und perspektivische Wahrheiten für besondere Regionen und Epochen erarbeiten kann. Der Staat, in den die Volkswirtschaft eingebunden ist, prägt dabei wesentlich die sozialökonomischen Bedingungen des Wirtschaftens mit. Eine immer und überall gültige Einheitstheorie gibt es nicht.
Das „Ungefähre“ ist die ehrliche Kehrseite aller mathematisch-ökonometrischen Nationalökonomik. Was ökonometrisch als „vergangenheitsbewährt“ gilt, ist wegen stürmischen Wandels keineswegs „zukunftsgültig“.
Der lange Zeit nach Gründung der „Econometric Society“ im Jahre 1930 propagierte „naturwissenschaftliche Denkstil“ hat sich in der Nationalökonomik erschöpft.
Hier ist das Interview mit dem Autor: Viel Spaß beim Lesen.
- Welche Themen und Inhalte werden von Ihnen in dem Buch angesprochen?
Einer verunsicherten Öffentlichkeit soll „Systemvertrauen“ bei der Frage vermittelt werden, wie millionenfache Aktionen und Transaktionen freier Menschen zu Wohlstand für alle führen (d. h. erfüllende, wertschöpfende Arbeit mit auskömmlichem Einkommen, Vermögensbildung und gesellschaftlichem Ansehen), und wie der Staat dabei nötigenfalls flankierend mitwirken kann. Eine aufbauende Kritik also für Arbeit und Einkommen der Massen wird vorgelegt. „Hochmotivierte Menschen“ als Unternehmer und in anderen Leitungsfunktionen sind dabei nicht zu unterschätzen. Sie lösen mit Investitionen in lukrative Projekte kurzfristige Schübe nach der Erkenntnis „Ausgaben bewirken Einnahmen und Beschäftigung“ aus. In der amtlichen Statistik resultieren daraus die „Step Cycles“ der Wachstumsraten, die nach veränderlichen historischen Rahmenbedingungen erklärend zu beschreiben sind. Aktive Buchgeldschöpfung der Kreditinstitute und „Machtzuteilung“, aber auch „Liquiditätsfallen“ und Unfähigkeit der EZB können dabei beachtlich sein.
- Wer sollte dieses Buch unbedingt lesen? Was möchten Sie ihm oder ihr vermitteln?
Alle am gesellschaftlichen Zusammenleben interessierten Bürger sollten das Buch lesen, das überzogene Erwartungen an die Wissenschaft der Nationalökonomik auf ein vertretbares Maß zurücknimmt. Nationalökonomen haben keine immer und überall gültige Theorie nach Art einer „Sozialphysik“ anzubieten, sondern nur raum-zeitlich begrenzt empirisch gültige Quasi-Theorien. Diese werden von einigen Leuten – unzulässigerweise – verallgemeinert, was manchen Streit erklärt. Angeregt wird mit dem Buch ein unerlässliches Denken in Systemen und in historischen Zusammenhängen, wobei das Ungefähre, Ungenaue und Mehrdeutige einer Sozialwissenschaft nicht zu vermeiden ist.
- Was war Ihr Ziel beim Schreiben dieses Buches?
Das für die Bürger oftmals kontroverse und irritierende „Management der öffentlichen Meinung“ durch Politiker aller Farben muss für das Wählervolk durchschaubar werden. Gegensätzliche Empfehlungen von Fachleuten sollen für Jedermann und seine Frau durch eigenes systematisches Nachdenken nachvollziehbar werden. Dazu gehört ein tieferes Verständnis der „Sozialen Marktwirtschaft“ als einer „Marktwirtschaftlichen Demokratie“, die von Fachfremden gelegentlich als „Kapitalistische Demokratie“ bezeichnet wird. Güter und erstrebenswerte Lebenslagen schaffen sich die Bürger nicht nur durch Geldausgaben auf Märkten, sondern auch durch politische Einflussnahme. Der marktwirtschaftliche oder kapitalistische Teil der Organisationsform garantiert eine hohe „allokative Effizienz“ der Umsetzung verfügbarer Ressourcen in Güter. Auf der Kippe steht nicht selten das Merkmal „distributive Effizienz“ der Zufriedenheit mit den Verteilungsergebnissen als Gerechtigkeit. Unerreicht ist in Deutschland ein Drittes, die „demografische Effizienz“, so dass die Lebensumstände potenzielle Elternpaare zu einem hinreichenden Nachwuchs für die Bestandserhaltung der Bevölkerung veranlassten.
- Wie haben Ihr Freundeskreis, Ihre Bekannten oder Ihre Familie auf die Buchveröffentlichung reagiert?
Meine Freunde wissen, dass ein Wissenschaftler und ordentlicher Professor von ehedem im Rückblick mit der Qualität seiner Wissenschaft beschäftigt bleibt. Auch im Ruhestand schreibt man sich einer „besseren Wahrheit“ entgegen. Auf diese Weise sind seit meiner Pensionierung bereits 17 Bücher zum besseren Verständnis der Nationalökonomik erschienen. Das „Wichtigste in einer Nußschale“ zu präsentieren wäre ein höchstes Bestreben.
- Stehen schon neue Projekte an?
Einige zukunftsträchtige Neuerungen im Wirtschaftsleben werden mich gewiss zu Stellungnahmen herausfordern. Ebenso wird mich der Politikbetrieb weiter beschäftigen, wie kürzlich „Inflation und materielle Freiheit“ oder „Gegen Abschaffung des Bargeldes“.
Wir danken dem Autor für die Beantwortung unserer Fragen und die Hilfe, den Text und die damit verbundenen Erfahrungen auf den Kern zu bringen. Volkswirtschaftliche Neuorientierungen für Praktiker und Wirtschaftsstudenten von Prof. Dr. Adolf Wagner, verdient es, aufmerksam gelesen zu werden, weil das neue Perspektiven und Wahrnehmungsmöglichkeiten eröffnet.