Heute besprechen wir das Buch STOLPERKIESEL von Susanne Lori, erschienen beim Verlag Europa Buch. Wir präsentieren hier ein Interview mit der Autorin des Buches, um die literarischen Aspekte und die wichtigsten Erfahrungen zu verdeutlichen, die in diesem Text verdichtet sind. Wir besprechen auch die wichtigsten Themen, die die Autorin im Laufe ihres Schreibens anspricht und die sie mit ihren Leserinnen und Lesern teilen möchte.
STOLPERKIESEL von Susanne Lori, erschienen beim Verlag Europa Buch, ist die Geschichte einer Frau, Emilia, die Mutter ist, arbeitet und ihre Familie liebt. Trotz der Diskriminierung, die sie erleidet, und der Herausforderungen, denen sie sich stellen muss, verliert sie nie ihre Werte aus den Augen und verdient die Empathie und Solidarität, die sie bei jedem Leser und jeder Leserin hervorrufen wird.
Hier ist das Interview mit der Autorin: Viel Spaß beim Lesen.
Welche Themen bestimmen das Buch?
Die bestimmenden Themen des Buchs sind, lapidar zusammengefasst, typische Frauenthemen. Schaut man jedoch genauer hin, geht es natürlich um Beziehungen. Beziehungen zwischen Mann und Frau, Beziehungen zu Ehepartnern und Ex- Partnern, Beziehungen zu Kindern und Beziehungen auch im Berufsleben. Aber es geht auch um soziale Prägungen von Mädchen, Frauen und Müttern, die, auch jetzt noch, in unserer modernen Welt, immer wieder dazu führen, dass Frauen deutlich mehr kämpfen müssen, um Ihre Bedürfnisse sichtbar zu machen um ebenso erfolgreich zu sein wie Männer.
Väter prägen Mädchen ebenso wie Mütter, und aus Mädchen werden Frauen, die sich im Leben entweder sehr hart durchkämpfen müssen oder aber den häufig einfacheren Weg eines Lebens in einer scheinbar sicheren Ehe wählen. Um versorgt zu sein. In meinem Umfeld sind viele starke und kluge Frauen, die ihre Kinder ohne Beteiligung der Väter großgeziehen mussten. In einem Rechtssystem, in dem der Staat darauf setzt, dass die Kinder die Väter auf Unterhalt verklagen müssen. Diese Frauen haben oft mehrere Jobs, arbeiten Tag und Nacht und kommen trotzdem kaum über die Runden. Emilia, meine Hauptperson, ist eine von Ihnen.
Was sind die Eigenschaften der Hauptfigur Emilia?
Emilia spiegelt einen Typ Frau wieder, der in der heutigen Gesellschaft und gerade in akademischen Kreisen häufig zu finden ist. Emanzipiert, attraktiv, klug, engagiert und manchmal aber auch sehr sarkastisch und verzweifelt. Hin und her gerissen zwischen den Ansprüchen an sie als Frau und Mutter und beruflichen Herausforderungen, in denen Frauen in gehobenen Positionen eher selten sind. Sie hat ihr Leben weitestgehend im Griff, was die Organisation der Kinder, der Finanzen und des täglichen Lebens anbelangt. Zeit für Beziehungen bleibt ihr nicht viel. Kompromisse im Privaten, die ihren Wertevorstellen widersprechen, meidet sie, auch wenn sie aus einer sehr traditionellen Familie mit klassischer Rollenverteilung kommt. Emilia ist ziemlich klar in dem, was sie will, jedoch geht auch sie dem schönen Gefühl einer Affäre auf den Leim, um ein wenig Freude und Aufregung in ihr Leben zu bringen, wissend, dass eine Verknüpfung von Beruf und Emotionen selten gut ausgeht. Aber Emilia ist auch ein „Stehaufmännchen“. Sie fällt immer wieder tief in ihrem Leben, schafft es aber trotzdem, wieder auf die Beine zu kommen. Mit jedem Scheitern wird sie stärker.
Wie spiegeln ihre Arbeitserfahrung und ihre Beziehung zu ihrem Chef die moralische und wirkliche Diskriminierung wider, zu der Frauen verurteilt werden?
Stolperkiesel ist ein Roman. Die Figuren sind frei erfunden, ebenso wie die Handlung. Der autobiographische Teil liegt in der Kindheit Emilias. Der ist tatsächlich angelehnt an das Leben von Susanne. Meine beruflichen Erfahrungen sind sehr ambivalent, was Diskriminierung in eigentlichem Sinne anbelangt. Was heute Diskriminierung ist, wurde in den 80er und 90er Jahren als selbstverständlich angesehen und man lernte sich zu wehren. Im Studium fragte ein Professor in einer Vorlesung: „Meine Damen, was wollen Sie hier. Gehen Sie doch bitte nach Hause und lackieren sie sich die Fingernägel.“ Das war nahezu normal. Natürlich blickt man nach fast 30 Jahren Berufserfahrung auf Situationen zurück, wo klar war, dass die Karriereleiter an der einen oder anderen Stelle aufgrund des eigenen Geschlechts oder der Rolle als alleinerziehende Mutter beendet war. Und natürlich kommt man auch als attraktive Frau in Situationen, in denen Optik in einer Männerwelt die eigene Wahrnehmbarkeit erhöht. Aber das ist ein gefährliches Spiel. In manchen Situationen hilft es attraktiv zu sein, wenn man es geschickt einsetzt, auf der anderen Seite kann es Kopf und Kragen kosten. Männer haben im Berufsleben enge Netzwerke, mit denen sie sich gegenseitig protegieren. Sie setzten berufliche Freundschaften gezielt ein, um weiter zu kommen. Frauen in ähnlichen Positionen haben zwar auch Netzwerke, die aber leider nicht dem beruflichen Aufstieg dienen sondern eher dem Erfahrungsaustausch. Frauen werden immer an ihrer Attraktivität gemessen, an ihrem Aussehen, ihrer Größe, ihrer Frisur, etc. Von klugen erfolgreichen Frauen erwartet man auch immer ein umwerfendes Aussehen, bei Männern achtet man auf andere Attribute. In einem Job, in dem ich sehr erfolgreich war, rief mich irgendwann der neue Chef ins Büro und ordnete an, dass ich meine Haare glätten und hochstecken sollte, um nicht aufzufallen. Außerdem „wünsche“ er sich von mir einen Hosenanzug im Büro anstelle eines Kostüms…….
Wie findet Emilia Frieden und fühlt sich glücklich und erfüllt?
Ob Emilia wirklich glücklich ist, weiß ich gar nicht so genau. Vielleicht ist sie zufrieden. Ich denke, sie hat ihre Genugtuung und ihren Frieden nach dieser speziellen Erfahrung gefunden und ruht in sich selbst, aber letztendlich ist sie immer noch alleine. Jedoch ist Emilia nicht mehr bereit, Kompromisse zu machen, die zu ihren Lasten gehen. Sie ist lieber alleine als in einer schlechten Beziehung. Sie hat ihre loyalen Freunde um sich herum, egal ob weiblich oder männlich und sie lebt ein unkonventionelles Leben, jenseits der gängigen Norm in einem ganz normalen Oberklasse-Vorort. Sie hat sich ein Stück weit mit ihrer Einsamkeit abgefunden und die Schwerpunkte ihres Lebens anders gewählt. Sie findet Frieden in der Bestätigung und Unterstützung der Menschen, die sie wirklich lieben und grenzt sich bewusst von der Verurteilung anderer über sie ab. Im Laufe des Buchs lernt sie viel, aber vor allem, dass sie sehr stolz auf das sein kann auf das, was sie im Leben erreicht hat. Aus eigener Kraft und mit dem Willen, immer wieder neu zu kämpfen und nicht aufzugeben.
Was war Ihr Ziel beim Schreiben dieses Buches?
Ich glaube, ein Ziel hatte ich gar nicht. Ich hatte viele Geschichten gesehen, erlebt und gehört und darüber hinaus eine gesunde Phantasie, die mich schon immer dazu gebracht hat, Dinge aufzuschreiben. Ich habe begonnen, diese Geschichten aufzuschreiben und dann hat sich die Geschichte von alleine entwickelt. Mein Einfluss darauf war marginal. Wahrscheinlich wollte die Emilia in mir einfach ungestraft ihre Sicht auf das Leben mit anderen Menschen teilen.
Wir danken der Autorin für die Beantwortung unserer Fragen und die Hilfe, den Text und die damit verbundenen Themen auf den Kern zu bringen. STOLPERKIESEL von Susanne Lori, erschienen beim Verlag Europa Buch, verdient es, aufmerksam gelesen zu werden und lässt uns auf eine innere Reise auf der Suche nach authentischen Gefühlen gehen, an deren Ende wir bewusster der Rolle der Liebe, des Leidens und der Emanzipation in unserem Leben werden können.