„Durch ständiges Lernen werden wir zu Multitalenten“
Reinhard Paul, 55, Diplom-Kaufmann (FH), über sein neues Buch Personalauswahl in deutschen Unternehmen oder War´s wirklich der „richtige“ Bewerber?, erschienen beim Verlag Europa Buch.
EUROPABUCH: Herr Paul, soeben ist Ihr Buch mit dem Titel „Personalauswahl in deutschen Unternehmen oder War´s wirklich der „richtige“ Bewerber?“ erschienen. Welche Themen bestimmen Ihr Buch?
Reinhard Paul: In meinem Buch geht es um die Personalsuche nach Fach-und Führungskräften, aber auch generell nach Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, um eine Arbeitsstelle in einem deutschen Unternehmen mit Personen zu besetzen. Durch mehr oder weniger hilfreiche Personalauswahlverfahren versuchen Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen in den Personalabteilungen/Personalbüros der Unternehmen, offene Stellen in den Firmen, Konzernen, Betrieben im günstigsten Fall mit einem „Idealkandidaten/einer Idealkandidatin“ neu oder auch erstmalig zu besetzen. Das geht leider oft schief und funktioniert in dieser Form auch nicht mehr; falls es denn jemals nach der „Methode Schema F“ funktioniert hat. Die Folge sind immer längere Spalten mit immer mehr Offenen/Freien Stellen in Firmen.
Da es die „idealen Bewerberinnen und Bewerber“ ohnehin nicht gibt, wird eine Stelle nicht besetzt und es wird wochen- und oft auch monatelang nach Personen weitergesucht. Mit den geeigneten „Training-on-the-job“ -Maßnahmen könnten aber längst Menschen eingestellt und auch eingearbeitet werden. Die Ansprüche werden zu hoch gelegt. Obendrein werden völlig zu Unrecht Personengruppen von Menschen aussortiert und nicht berücksichtigt (Behinderte, Migranten, Kriminelle(!), ältere Menschen), weil sie den Personalern einfach nicht gut genug sind. Die Folge ist, dass zu viele Menschen in unserer Gesellschaft nicht durch ihre Arbeitskraft integriert werden. Es entstehen Parallelgesellschaften. Der soziale Friede und unser aller Wohlstand werden so langfristig gefährdet.
EUROPABUCH: Was sind Ihrer Meinung nach die besonderen Merkmale des deutschen Arbeitsmarktes?
Paul: Es geht mir beim deutschen Arbeitsmarkt um den Teilbereich des Stellenmarktes. Hier suchen Arbeitgeber nach Fach- und sonstigen Arbeitskräften; Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die zur Zeit kein Arbeitsverhältnis haben, sind auf „Jobsuche“. Im Idealfall können beide Seiten aufeinandertreffen und in einem Arbeitsvertrag eine gemeinsame Zukunft vereinbaren.
Viele Stellen sind in den Unternehmen tatsächlich nicht besetzt und müssen dringend besetzt werden. Allein unsere Mentalität nach Perfektionismus und ein hohes Anspruchs-denken auf beiden Seiten (Arbeitgeber, Arbeitnehmer) verhindern zu oft, dass mögliche Partner miteinander ins Gespräch kommen.
Der Bewerber/die Bewerberin sollen zu einhundert Prozent passgenau für die offene Stelle geeignet sein. Eine völlig unrealistische Annahme. Beispiel: Jeder Absolvent einer Hochschule weiß, dass es z. B. nach dem Abschluss eines Universitätsstudiums eine einhundertprozentige Eignung für eine ganz bestimmte Tätigkeit nicht gibt. Ein Absolvent, der z. B. ein Studium der Politikwissenschaften absolviert hat, möchte als Journalist arbeiten. Er muss noch Praktika bei einem Radiosender oder Zeitungsverlag absolvieren und Weiterbildungskurse belegen, um sein Ziel erreichen zu können.
Die Bewerberinnen oder Bewerber wiederum wollen die Stelle häufig nicht antreten, da sie nicht ihren Qualifikationen entspricht. Sie wollen nicht unter ihrem Qualifikationsniveau arbeiten und bleiben lieber weiterhin ohne Beschäftigung. Ein gut ausgebauter Sozialstaat lässt ein solches beiderseitiges Anspruchsdenken in Deutschland bislang zu.
EUROPABUCH: Welches sind die goldenen Regeln, die bei der Auswahl eines Bewerbers für eine Stelle zu beachten sind?
Paul: Ich bin mir nicht sicher, ob es diese goldenen Regeln gibt. Es wäre dann das Suchen nach „dem Stein der Weisen“. Da es für mich keine unumstößlichen allgemeingültigen Regeln für eine Stellenbesetzung gibt, möchte ich lieber meine eigenen Ideen hierzu schildern.
Aus meiner Sicht ist es überhaupt nicht notwendig, dass eine einhundertprozentige Übereinstimmung von Stellenkandidat/Stellenkandidatin und Anforderungsprofil gegeben ist. Über lange Zeiträume wie z. B. Wochen oder Monate nach Arbeitskräften zu suchen, die es in ihrer Perfektion nicht gibt, ist reine Zeitverschwendung!
Jetzt folgen Ideen von mir zur Auswahl von Bewerbern:
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Ständige Lernbereitschaft, gerne auch ein Leben lang. Dann können wir alle noch notwendigen Stellenanforderungen (Hard Skills) nachschulen.
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Bewies der Bewerber/die Bewerberin bisher eine Eigeninitiative? Das bedeutet für mich, dass jemand in seinem Leben dazu bereit ist, sich auch unaufgefordert und auch auf eigene Kosten weiterzubilden und neue Dinge zu erlernen. Gern gesehen ist bei mir auch jede Form von Lernbereitschaft. Es muss bei mir nicht unbedingt und ausschließlich mit der beruflichen Tätigkeit zusammenhängen.
Wir wissen nicht, wie wir uns weiterentwickeln! Durch ständige Lernbereitschaft wird aus manchem wissbegierigem Menschen ein echtes Multitalent. Und solche Talente kann ich auf jeden Fall immer gut gebrauchen in der Arbeitswelt!
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Ist der Bewerber/die Bewerberin ausdauernd, zielgerichtet und in seiner/ihrer Leistung noch steigerungsfähig? Ein Beispiel: Wenn ein Mensch es geschafft hat, aus einfachen Verhältnissen ohne Mäzen, Subventionen, staatliche Leistungen aller Art, Stipendium in einem Abendgymnasium über vier Jahre berufsbegleitend durch eigene Initiative sämtliche Schulabschlüsse nachzuholen und danach z. B. ein Medizinstudium erfolgreich absolviert hat, dann verrät mir das folgende Eigenschaften über diese Person. Dieser Mensch hat einen Durchhaltewillen, ist ehrgeizig, teilt sich seine Kräfte sinnvoll ein, kann sich ein Ziel setzen, um es zu erreichen, ist lernwillig, verfügt über Power (Energie), ist lernwillig und verfügt auch über die notwendige Intelligenz, um diese Dinge zu tun. Es ist kein Mensch, der träge und gemütlich auf Sozialleistungen des Staates wartet. Eben ein Mensch, der mit beiden Beinen fest im Leben steht. Mein höchster Respekt für diese Person, die ihr Leben selbst in die Hand nimmt!
EUROPABUCH: Wie unterscheidet sich Ihre Arbeit von anderen zum gleichen Thema?
Paul: Es gibt viele Bücher über das Thema Human Resources. Viele wurden oder werden von Wissenschaftlern, also Professoren mit einem Lehrstuhl an einer Universität, verfasst. Es sind dann wissenschaftliche Bücher mit theoretischen Ansätzen, Statistiken. Interviews wurden dann mit Personen geführt, die von dem Thema des Buches selbst betroffen sind.
Bei mir ist es anders. Ich habe selbst in der Zeitarbeit als Leiharbeiter gearbeitet. Ich habe Lkws be- und entladen, am Fließband in der Fleischfabrik Wurst eingelegt, in der Eisfabrik Eis verpackt, in der Altenpflege Menschen gepflegt, in einem Callcenter an der Servicehotline telefoniert. Ich war arbeitslos, da ich mehrmals in der Probezeit in einem Unternehmen meinen Job verloren habe. Ich habe also fast alles, über was ich in meinem Buch berichte, selbst erlebt. Im Gegensatz zu vielen Wissenschaftlern habe ich Menschen in der Arbeitswelt als Arbeitskollegen persönlich kennengelernt und genau zugehört, wenn sie mir von ihren Erlebnissen erzählt haben.
Mein Buch ist als ein praktisches Handbuch für Herr und Frau Jedermann in dieser Welt zu sehen. Ich verzichte weitestgehend auf Fachsprache, damit jeder verstehen kann, worum es mir geht. Da ich gern möchte, dass sich gesellschaftlich (Makroökonomie, Volkswirtschaft, Vogelperspektive) und auch in den Unternehmen (Mikroökonomie, Betriebswirtschaft, Froschperspektive) nachhaltig wirklich etwas zum Positiven für uns alle verändert, beschreibe ich nicht nur die Problemsituationen, sondern biete auch Lösungsvorschläge an, wie es in Zukunft besser funktionieren könnte. Würde ich keine Lösungsideen anbieten, sondern nur Probleme beschreiben, dann müsste ich damit zufrieden sein, dass erst einmal alles so bleibt wie es ist. Denn Veränderungen ohne neue Lösungen bedeuten gesellschaftliches Chaos. Ich verbinde in meinem Buch die Wirkungen von unternehmerischen Personalentscheidungen (Froschsicht) mit den langfristigen Auswirkungen, die unsere Gesellschaft dadurch zu erwarten hat (Vogelsicht).
EUROPABUCH: Was möchten Sie den Leserinnen und Lesern vermitteln?
Paul: Oft werden in Unternehmen die Fachexperten/Fachexpertinnen gesucht. Sie werden für kompetent gehalten und beherrschen nur ein Fachgebiet, dieses aber sehr gut.
Unsere Gesellschaft ist inzwischen komplexer geworden. Wir dürfen – und wir sollten – deshalb ein Leben lang lernen. Ohne Freispruch! Ohne Bewährung!
Für die Vertreter der Unternehmen bedeutet das: Mehr Respekt vor den Bewerberinnen und Bewerbern! Mehr Demut in den Unternehmen, um auch hier dazulernen zu können! Gespräche für alle auf Augenhöhe!
Menschen, die sich im Unternehmen beworben haben, sollten nicht jahrelang vergeblich auf eine Antwort warten. Ihnen sollte mitgeteilt werden, wie sich das Unternehmen bei der Bewerbung des Jobsuchenden/der Jobsuchenden entschieden hat. Sich bei den Bewerberinnen und Bewerbern überhaupt nicht zu melden, zeigt Arroganz in der Firmenkultur. In einem solchen Unternehmen möchte man nicht arbeiten. Zu oft wird auf Referenzen, Zeugnisse, Abschlüsse, Lebensläufe Wert gelegt. Statt einmal anders zu denken, wird nach Schema F ausgesucht. Das Leben von uns Menschen ist nicht Schema F! Die schulische Intelligenz eines Menschen entspricht nicht der betrieblichen Intelligenz in der Arbeitswelt von Unternehmen!!! Das Leben ist nicht statisch, sondern dynamisch. Ein häufiges Argument, um Dinge nicht zu ändern und so zu lassen, wie sie sind, ist oft die Aussage „Das haben wir bisher immer so gemacht!“ Das bedeutet für mich: a) Es funktioniert jetzt nicht mehr so, wie wir es bisher immer gemacht haben, b) Vielleicht haben wir es bisher immer falsch gemacht, c) Da wir bisher die Dinge immer so gemacht haben und nicht anders, bedeutet es auch: Wir haben bisher auch nichts Neues dazugelernt! Eine sehr traurige Erkenntnis. Um herauszufinden, was wahr oder falsch ist oder besser funktioniert, müssen wir mehr ausprobieren. Dann haben wir Vergleichsmöglichkeiten!
Für alle Bewerberinnen und Bewerber: Ersetzen Sie Ihre „Ängste“ durch neues Wissen. Bleiben Sie geistig flexibel. Lernen kann Spaß machen und hält uns jung!
EUROPABUCH: Wie war Ihre Verlagserfahrung mit Europa Buch?
Paul: Da der Verlag und ich als neuer Autor gerade erst per Vertrag eine „Liaison“ eingegangen sind, ist noch „Sand im Getriebe“. Oder anders ausgedrückt: Es geht manches noch besser. Dafür erlaubt der Verlag mir, meine kreativen Ideen umzusetzen. Dafür bin ich dem Verlag dankbar. Als Autor sehe ich mich als Unternehmer. Ich denke mit, mache mit, halte meine Augen und Ohren offen und wenn mir etwas auffällt, dann melde ich mich und sage sinnbildlich, dass ich eine Idee habe, wie es vielleicht besser funktionieren kann. Ich empfehle auch allen anderen neuen Autorinnen und Autoren, die beim Europabuch Verlag ihren Weg gehen wollen, es ebenso zu tun und als Unternehmerinnen und Unternehmer zu agieren. Dann können neue Talente ihren Weg machen. Wer wie ein Verwaltungsbeamter denkt, lieber die Füße hochlegt nach dem Motto „Macht ihr doch mal und meldet euch, wenn ihr damit fertig seid“, wird wohl Schiffbruch erleiden. Auch neue Autorinnen und Autoren, die noch unsicher sind, über nur wenig Selbstbewusstsein verfügen und eigentlich noch „an die Hand genommen werden wollen“ sind wahrscheinlich bei einem anderen Verlag besser aufgehoben.
EUROPABUCH: Planen Sie, weitere Bücher zu schreiben?
Paul: Das ist für mich im Moment noch Zukunftsmusik. Ich habe viele verschiedene Interessen und Talente. Mal sehen, was die Zukunft noch so bringt.
EUROPABUCH: Haben Sie noch einen Wunsch an diese Zukunft, Herr Paul?
Paul: Ja, den habe ich. Ich wünsche mir, dass den Leserinnen und Lesern mein Buch gefällt, sie es gern lesen und ihren Nutzen daraus ziehen und dass das Buch für uns alle ein voller Erfolg wird!
EUROPABUCH: Herr Paul, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Reinhard Paul ist neuer Buchautor bei der EUROPABUCH Verlagsgruppe. Sein Buch Personalauswahl in deutschen Unternehmen oder War´s wirklich der „richtige“ Bewerber ist soeben neu erschienen. Er ist fünfundfünfzig Jahre alt, Diplom-Kaufmann (FH) und lebt in der Nähe von Osnabrück in Deutschland.