Heute besprechen wir das Buch Der Diebstahl des alten Lebens von Georgia Lori, erschienen beim Verlag Europa Buch. Wir präsentieren hier ein Interview mit der Autorin des Buches, um die literarischen Aspekte und die wichtigsten Erfahrungen zu verdeutlichen, die in diesem Text verdichtet sind. Wir besprechen auch die wichtigsten Themen, die die Autorin im Laufe ihres Schreibens anspricht und die sie mit ihren Leserinnen und Lesern teilen möchte.
Der Diebstahl des alten Lebens von Georgia Lori, erschienen beim Verlag Europa Buch, ist eine Reflexion über die Auswirkungen der Pandemiekrise, insbesondere in menschlicher und sozialer Hinsicht. Wenn große traumatische Veränderungen eintreten, neigen wir oft dazu, unser Urteilsvermögen und unsere Erinnerung auszusetzen, um die Notlage zu bewältigen: Wir müssen jedoch zurückgehen, um zu verstehen, was passiert ist, warum es passiert ist und welche Art von Gesellschaft und Menschheit aus diesen Ereignissen hervorgegangen ist. Dank der Kraft der Literatur, sich der Erfahrung bewusst zu werden, führt uns die Autorin auf diese Reise der Wiederentdeckung der jüngsten Vergangenheit und gleichzeitig der Diskussion über unsere nahe Zukunft.
Hier ist das Interview mit der Autorin: Viel Spaß beim Lesen.
Welche Themen bestimmen das Buch?
Es sind jene Themen, die die Menschen während der Corona-Krise bewegen. Themen, wie die Ängste und Nöte der Betroffenen, aber auch deren kleine Freuden und Wünsche im Alltag, die in der Krise eine besondere Prägnanz erhalten. Die Fakten und täglich wechselnden Nachrichten der Pandemie mit deren Auswirkungen ziehen sich auf einer zweiten Ebene als “roter Faden” durch die Geschichte. Sie sind das Narrativ zu den Emotionen.
Wie unterscheidet sich Ihre Arbeit von anderen zum gleichen Thema?
Ich habe die von mir erzählte Geschichte bewusst nicht als Sachbuch oder Tagebuch angelegt, sondern möchte mit Hilfe der Protagonisten eines Tatsachenromans den Menschen aller Generationen eine Stimme in der Krise geben. Ältere Menschen möchten gerne noch einige Jahre ihr Leben selbstbestimmt leben. Kinder vermissen ihre Schulfreunde. Berufstätige müssen sich im Home-Office neuen Herausforderungen stellen. Selbst Schildkröte Juliane erfährt was es bedeutet, plötzlich einen Mini-Mundschutz zu tragen. Das Besondere ist, dass ich teils erfundene und teils reale Szenen des Alltags mit Fakten vermische, die chronologisch ineinandergreifen. Wobei einige Szenen bewusst überzogen sind. Sichtbar wird auch, wie unterschiedlich Menschen auf diese globale Herausforderung reagieren und was dieser latente Zustand der Krise mit ihnen macht.
Was möchten Sie den Leserinnen und Lesern vermitteln?
Auch in Zeiten sozialer Isolation, Angst um die eigene Gesundheit, Stress und hohen finanziellen Belastungen sollten wir daran arbeiten, unsere mentale und emotionale Stärke nicht zu verlieren. Wir sollten uns alle nicht den Blick für die positiven Dinge des Lebens nehmen lassen und uns an das Füreinander-da-Sein erinnern, innerhalb und außerhalb der Familie. In jeder Krise liegt zudem eine Chance, an seiner eigenen Persönlichkeit zu arbeiten, sein Bewusstsein zu trainieren und neue interessante Dinge für sich selbst zu entdecken.
Wie wird sich Ihrer Meinung nach der soziale und kulturelle Wandel, den die Gesellschaft durch das Auftreten der Pandemie erfahren hat, auswirken?
Das ist eine spannende Frage, die viele Bereiche betrifft. Ich denke, dass sich die sozialen Ungleichheiten im Bildungserfolg durch die Schließung der Schulen verstärken werden. Der Verlust von Arbeitsplätzen in besonders betroffenen Branchen wie der Gastronomie oder der Luftfahrt wird wahrscheinlich längerfristig in die Zukunft hineinwirken. Die Diskussion über eine bessere Entlohnung und bessere Arbeitsbedingungen für “systemrelevante” Berufsgruppen werden vermutlich zu einem guten Ergebnis führen. Ob es zu einer kollektiven Reduktion von Reisen oder Käufen kommen wird, bleibt abzuwarten. Es würde zumindest Ressourcen schonen. Nach dem vorübergehenden Ausstieg aus dem Hamsterrad könnte auch das Verhältnis zwischen Zeit für Erwerbsarbeit und Zeit für Familie in der Gesellschaft neu diskutiert werden. Pendlerverkehr und Dienstreisen werden vermutlich dauerhaft reduziert werden, mit einem größeren Gewicht hin zu Home-Office und Telefonkonferenzen. Die Menge an online gehandelten Produkten wird zunehmen. Regierungen in Europa werden sich künftig mehr auf ihre eigenen Bürger konzentrieren, was sich an der Schließung der Grenzen zwischen den Ländern gut beobachten lässt.
Wie war Ihre Verlagserfahrung mit Europa Buch? Planen Sie, weitere Bücher zu schreiben?
Es war eine aufregende und konstruktive Begegnung. Als sehr positiv habe ich die Tatsache empfunden, dass der Verlag meiner eigenen Kreativität keine Grenzen gesetzt hat. Unser Kontakt war von Vertrauen und Respekt geprägt, Eigenschaften, die mir sehr wichtig sind.
Ja, ich plane weitere Bücher zu schreiben. Aktuell arbeite ich an einer Fortsetzung meines Debütromans, da die Krise auch dauerhaft anhält und sich viele neue Ereignisse ergeben haben, die erzählt werden wollen.
Wir danken der Autorin für die Beantwortung unserer Fragen und die Hilfe, den Text und die damit verbundenen Themen auf den Kern zu bringen. Der Diebstahl des alten Lebens von Georgia Lori, erschienen beim Verlag Europa Buch, verdient es, aufmerksam gelesen zu werden, denn vermittelt ein Verständnis für die menschlichen und sozialen Veränderungen, die infolge der Pandemiekrise eingetreten sind, und bietet eine Grundlage, um nützliche Lehren daraus zu ziehen.