Heute besprechen wir das Buch Drei Bäume von Gerd l’Etienne, erschienen beim Verlag Europa Buch. Wir präsentieren hier ein Interview mit dem Autor des Buches, um die persönlichen Aspekte und die wichtigsten Erfahrungen zu verdeutlichen, die in diesem Text verdichtet sind. Wir besprechen auch die wichtigsten Themen, die der Autor im Laufe seines Schreibens anspricht und die er mit seinen Leserinnen und Lesern teilen möchte.
Das Buch Drei Bäume von Gerd l’Etienne, erschienen beim Verlag Europa Buch, sammelt die Gedanken der Autoren, die vor Jahrzehnten gedacht, die Gefühle darin, die in anderen Zeiten, ja Epochen gefühlt, die Tränen, auf Grund überschäumender Emotionen, die empfunden worden sind, nehmen mich gefangen und üben einen unwiderstehlichen Reiz aus. Ich greife danach. Das Papier des Buches, es raschelt wie welkes Laub, es schlägt eine Brücke zwischen mir und dem Text …
Diese Brücke von Worten und zwischen den Zeiten, zwischen der Vergangenheit und dem Hier und Jetzt, schlägt der Autor mit seinen tiefgreifenden Kurzgeschichten, die für ihn vielleicht auch Mittel und Weg sind, all das Erlebte zu verarbeiten und bestimmte Dinge –so wie sie sind –einfach zu akzeptieren.
Hier ist das Interview mit dem Autor: Viel Spaß beim Lesen.
Welche Themen und Inhalte werden von Ihnen in dem Buch angesprochen?
Die Kurzgeschichte “Die Taube” ist der Versuch, mit einer ungeliebten Kreatur in Kontakt zu treten. Dabei spielt viel Symbolik eine Rolle. Taube … Frieden; Bahn, Reichsbahn, Viehwagon … Vernichtung. SIe stellt zwingend eine Verbindung zu unserer düsteren Vergangenheit her.
“Das Hochhaus” erzählt, welche latenten Bedrohungen durch totalitäre Regime entstehen können, und knüpft an Dinge an, die in dieser Form ganz
ähnlich geschehen sind.
“Die Mütze” ist im Kern autobiografisch und erzählt eine Begebenheit, die ich selbst nach siebenundsiebzig Jahren nicht vergessen kann.
“Schuld” und “Der Auftrag” beschreiben Ereignisse, die in ähnlicher Form in Hamburg geschehen sind, bzw. hätten geschehen können.
“Das Telefon”, “Das Plagiat”, “Das Fenster” und “Alptraum” befassen sich mit Wahrnehmungen und Verhaltensweisen von Menschen, die allein sind.
“Das Konzert” macht den Versuch, Eindrücke zu beschreiben, die der Konzertbesucher während eines Konzerts empfinden könnte. In einer Nebenhandlung wird nach einer gedanklichen Verbindung zum fortschreitenden Konzertverlauf gesucht.
“Triage” beschreibt ein Ereignis, welches die Empfindungen im Fieberwahn eines an Corona erkrankten Menschen aufzeigt und die Konflikte, die bei dem Einsatz von Mitteln entstehen, die nicht in ausreichender Menge zur Rettung von Menschenleben zur Verfügung stehen.
“Ich bin doch nicht schuld” entstand bei einem Besuch einer Gedenkstätte in der Großen Hamburer Str. in Berlin.
Die wichtigste Erzählung ist “Außen vor”. Sie beschreibt, zum Teil despektierlich, zum Teil dezent einfühlsam, autobiografisch Empfindungen, die durch besondere Umstände und Ereignisse entstanden sind und immer wieder eins bewirkten Zurückweisung! Dazu habe ich zur Verstärkung als Stilelemente eigene Gedichte eingesetzt.
Wer sollte dieses Buch unbedingt lesen? Was möchten Sie ihm oder ihr vermitteln?
Ich hoffe sehr, dass auch junge Menschen mein Buch lesen. Kurzgeschichten können ganz unmittelbar Dinge erfassen und Gedanken wecken, mit welchen man sich im Alltag nicht zwangsläufig beschäftigt.
Eine Kurzgeschichte bietet sehr viele Möglichkeiten, da sie keine besondere Länge erfordert und fertig ist, wenn sie auserzählt ist. Das Ende einer Kurzgeschichte stellt eine Frage in den Raum, fordert und ermöglicht Akzeptanz im Ausklang, oder gibt einen hoffnungsvollen Ausblick. Das scheint mir für einen jungen Leser ein Ansatz zu sein, ihn dazu zu bewegen, mein Buch zu lesen.
Auch für ältere Menschen denke ich, wäre das Buch geeignet, weil ich glaube, dass sie sich darin wiederfinden können.
Als broschiertes Buch eignet es sich sowohl für eine Bahnfahrt mit dem ICE, als auch als Lektüre für den Urlaub am Strand oder auf der Alm, also überall.
Die, nach meiner Auffassung, modernere Art des Schreibens in Form von Kurzgeschichten, passt sehr gut in unsere schnelllebige Zeit.
Was war Ihr Ziel beim Schreiben dieses Buches?
Das Buch tritt nur scheinbar in Konkurrenz mit Film und Fernsehen. Auf den ersten Blick scheint es, und das gilt für alle Bücher, im Nachteil zu sein. Es kann zur Vermittlung des Inhalts weder auf großartige Schauspieler, gute Filmmusik, ausgezeichnete Kameraführung, noch auf großartige Kulisse und gute Dramaturgie und Regie zurückgreifen.
Der große Reiz des Schreibens ist für mich, dass die Chance besteht, über den Text an die Emotionen des Lesers heranzukommen. Ihm die Möglichkeit zu geben, innezuhalten, zu unterbrechen. Möglicherweise darüber, was er gelesen hat, nachzudenken. Elemente und Abschnitte erneut zu lesen, zu verinnerlichen.
Meine Ziele waren es, auf Fehler der Vergangenheit, aufkommende Femdenfeindlichkeit und Rassenhass aufmerksam zu machen.
Dem Vergessen am Unrecht entgegenzuwirken. Dazu habe ich ganz reale Ereignisse berichtet und in der Wahrnehmung ursprüngliche Tatsachen verarbeitet. Dabei wollte ich ausdrücklich nicht den Zeigefinger erheben und hoffe, dass es mir gelungen ist.
Wie würden Sie Ihren Schreibstil beschreiben und auf welche literarischen Modelle beziehen Sie sich?
Das Wesen einer Kurzgeschichte ist nach meiner Überzeugung, dem Leser und der Leserin am Ende die Möglichkeit zu geben, oder besser in ihm oder ihr den Wunsch zu erzeugen, zu einer Bewertung des Textes zu kommen. Dabei ist ein emotionaler Schreibstil gegenüber dem sachlichen Schreibstil von Vorteil. Dabei müssen sich meiner Überzeugung nach, Klarheit und Eindeutigkeit mit Andeutungen und dezenten Anstößen abwechseln. Gerade in der letzten Erzählung “Aussen vor” wechseln sich grob despektierliche Passagen und dezente Beschreibungen ab.
Um das zu gewährleisten, bedarf es einer sehr genauen Recherche bezüglich Ort, Zeit und der Wahrheit nahekommenden Ereignisse. So sind alle Geschichten zumindest im Kern oder in der Ausgangslage wahr. Wobei “Wahrheit” immer auf die subjektive Wahrnehmung angewiesen ist und eben meistens nicht den Tatsachen entspricht. Kein Richter verlangt beim Eid vom zu Vereidigenden, dass er Tatsachen beeidet, sondern eben nur die Wahrheit sagt. Von den dreizehn Kurzgeschichten sind acht autobiografisch.
Ich bemühe mich, meine Erzählungen passend als Anthologie, also im Kern zusammengehörig zu schreiben. Das muß nicht immer so sein und kann im nächsten Buch schon ein völlig anderes Ziel verfolgen. Ich halte es deshalb auch für legitim, eigene Gedichte einzusetzen, oder sogar zum Beispiel Zitate des perischen Sufi-Mystikers Dschalal ad-din Muhamad Rumi aus dem 13. Jahrhundert zu benutzen.
Wie war Ihre Verlagserfahrung mit Europa Buch? Schreiben Sie derzeit an einem neuen Buch?
Ich habe nur positive Erfahrungen gemacht. Ursprünglich habe ich mich nur mit Lyrik befasst. Gedichte sind die geeignetste Form, die eigenen Emotionen darzulegen, Lyrik schafft es aber auch, durch wenige Stilelemente, beim Leser sozusagen “anzudocken”. Ich habe immer gerne Gedichte gelesen. Da waren zum Beispiel besonders wichtig: Heine, Tucholsky, Kästner, Eugen Roth, aber auch Wilhelm Busch oder Joachim Ringelnatz. Mein erstes Buch waren Gedichte und ich habe es bei Europabuch eingereicht und habe auch ein Verlagsangebot erhalten. Ich werde dieses Angebot im Januar annehmen und danke dem Verlag, dass ich das zunächst zurückstellen durfte.
Bei dem Buch “Drei Bäume” war die Arbeit mit der Editorin, Frau Püschel, sehr angenehm. Die Arbeit bei der Entwicklung des Projektes war sehr zügig und effektiv. Bei allen Stationen wurde mir immer wieder Hilfe angeboten. Das selbe gilt auch für Frau Grasso, von der Verlagsleitung.
Ganz besonders möchte ich mich aber bei meiner Lektorin, Frau Gaida, bedanken, die mich mit sehr großem Einsatz und Empathie unterstützt hat. Ich habe ein neues Verlagsangebot für ein Buch unteschrieben und hoffe, dass ich die Möglichkeit habe, wieder mit Frau Gaida zu arbeiten. Dieses neue Buch “Nicht allein in dieser Zeit” wird voraussichtlich im Frühjahr veröffentlicht.
Wir danken dem Autor für die Beantwortung unserer Fragen und die Hilfe, den Text und die damit verbundenen Erfahrungen auf den Kern zu bringen. Drei Bäume von Gerd l’Etienne, erschienen beima Verlg Europa Buch, verdient es, aufmerksam gelesen zu werden, weil das neue Perspektiven und Wahrnehmungsmöglichkeiten eröffnet.