Heute besprechen wir das Buch RAVE – DIE AUSERWÄHLTEN von Marlena Münchmeier, erschienen beim Verlag Europa Buch. Wir präsentieren hier ein Interview mit der Autorin des Buches, um die persönlichen Aspekte und die wichtigsten Erfahrungen zu verdeutlichen, die in diesem Text verdichtet sind. Wir besprechen auch die wichtigsten Themen, die die Autorin im Laufe ihres Schreibens anspricht und die sie mit ihren Leserinnen und Lesern teilen möchte.
RAVE – DIE AUSERWÄHLTEN von Marlena Münchmeier, erschienen beim Verlag Europa Buch, ist ein vielstimmiger Roman, der die wahrheitsgetreue Schilderung des Alltags von Jungen und Mädchen in Berlin, die Schüler sind und ihr Abitur machen, mit phantastischen Elementen verwebt, die plötzlich auftauchen und alle Gewohnheiten der Figuren des Textes verändern, insbesondere die des Protagonisten Rave, des Alter Ego der Autorin.
Jeder Augenblick birgt die Möglichkeit einer radikalen Veränderung des scheinbar Unveränderlichen in sich: Das ist vielleicht der tiefste Sinn dieser phantastischen Kontamination, die die Geschichte zu einem Handlungsablauf mit Thriller- und Abenteuerroman-Anklängen macht.
Eine Stadt wie Berlin, der Alltag von jungen Schülerinnen und Schülern, ihre täglichen Aktivitäten: alles verändert sich, auch wenn für den Betrachter von außen alles so bleibt, wie es ist. Der Roman ist wie ein Karstfluss, der tief fließt und die wichtigsten Entscheidungen und die bestimmende ethische Entwicklung in Szene setzt, die jeder Mann oder jede Frau in seinem oder ihrem Leben früher oder später treffen muss.
Hier ist das Interview mit der Autorin: Viel Spaß beim Lesen.
Welche Themen bestimmen Ihren Roman?
Liebe, Trennung, Eifersucht und enge Freundschaft, der Schulalltag und Prüfungsstress sind Themen, die im Roman ihren Platz finden. Übergreifend gesagt also Dinge, mit denen Jugendliche in ihrem Alltag bewusst und unbewusst konfrontiert werden. Des Weiteren war es mir wichtig, das Thema Homosexualität nicht zu vernachlässigen. Einerseits in der Absicht betroffene Jugendliche zu bestärken zu sich selbst zu stehen und zur eigenen Akzeptanz zu verhelfen, andererseits Jugendlichen im Allgemeinen das Gedankengut zu vermitteln, die Diversität der heutigen Gesellschaft als legitim zu betrachten und zu schätzen. Kernthema des Romans ist allerdings das Abrutschen der Protagonistin und ihrer Freunde in eine sektenartige Organisation, ohne sich dessen bewusst zu sein. Die anfangs umwerfenden Angebote und Möglichkeiten, die diese Organisation den Jugendlichen bietet, macht sie zu blinden Mitgliedern, die das Konzept nicht hinterfragen. Die Protagonistin Rave fungiert in dieser sektenartigen Struktur als ein höhergestelltes Mitglied und als Anführerin einer Untergruppe, die aus ihren Freunden und Klassenkameraden besteht. Besonders sie setzt sich mit voller Überzeugung für die Organisation ein, die dem Mädchen das Gefühl gibt Teil von etwas Größerem zu sein und die Möglichkeit endlich dem monotonen Alltag zu entfliehen. Eine Möglichkeit, wonach sich sicherlich viele Jugendliche in ihrer Selbstfindungsphase kurz vor einem neuen Lebensabschnitt, dem Erwachsenseins, sehnen.
Insgesamt soll der Roman typische Gefahren, wie die schnelle Beeinflussung in den Teenagerjahren, thematisieren, jedoch aber auch die schönen Seiten, untere anderem die ungehemmte Neugier, die Abenteuerlust und das Sehnen nach einem Mehr in diesem Lebensabschnitts beleuchten.
Was sind die menschlichen und moralischen Eigenschaften der Protagonistin und wie entwickeln sie sich im Laufe der Ereignisse?
Menschliche Eigenschaften und Entwicklung
Bei der Protagonistin Rave handelt es sich um ein 18-jähriges Mädchen aus der Großstadt Berlin. Sie führt ein ziemlich normales Leben, besucht ein Gymnasium, ist gut in der Schule und macht gerade ihren Abschluss. Ihre Mutter hatte das Mädchen in ihrer frühen Kindheit verloren, da diese nach der Trennung von Raves Vater auswanderte. Dies setzte Rave einer großen psychischen Belastung aus. Gleich zu Beginn des Buches beschreibt sich die 18-Jährige selbst als ein Häufchen Elend, die unter der schwierigen familiären Situation mehrere Jahre lang gelitten hat, allerdings dadurch auch sehr gefühlsneutral geworden ist. Raves Familie besteht seit der Trennung aus ihrem alleinerziehenden Vater und dessen Freundinnen, die er jedoch relativ häufig wechselt. Die Protagonistin bezeichnet sie als “fremde Frauen”, was darauf hinweist, dass sie keine echte Beziehung zu diesen aufbauen kann, später wird klar, dass sie das auch gar nicht mehr möchte. Trotzdem ist sie sehr akzeptierend ihrem Vater gegenüber, verurteilt sein Verhalten nicht, ist sich allerdings trotzdem bewusst, dass er die familiäre Situation verbessern könne. Aufgrund der eher chaotischen Situation zuhause, sucht Rave ihren Halt in ihrem Freundeskreis, den sie als ihre Ersatzfamilie bezeichnet. Daraus wird durchaus erkennbar, dass sie sich auf sich alleingestellt fühlt und sich nach einer festen Bindung sehnt. Im Verlauf des Buches entwickelt sich Rave jedoch von der anfangs vorbelasteten und verletzen Persönlichkeit zu einer starken Kämpferin und Anführerin ihrer Untergruppe, die ihren Freunden den Halt gibt und zur Vertrauensperson wird. Diese schlagartige Veränderung kann vom Leser und den Leserinnen hautnah beim Lesen des Romans miterlebt werden.
Moralische Eigenschaften und Entwicklung
Raves Charakter ist durch einige, sehr unterschiedliche moralische Werte geprägt. Die 18-Jährige ist, trotz ihrer schweren Vergangenheit, was ihre familiäre Situation betrifft, sehr gefühlvoll im Umgang mit ihren Freunden. Ihre engsten Freunde behandelt sie nahezu wie Familienmitglieder. Sie würdigt deren gute Charaktereigenschaften, aber toleriert andererseits auch deren negative Seiten und Laster. Es stellt sich des Weiteren heraus, dass die Protagonistin sehr tolerant und weltoffen ist. Ihre Offenheit gegenüber Neuem, neuen Aufgaben oder auch unerwarteten Geständnissen ihrer Freunde unterstützen diese Haltung. Während des Buches wird deutlich, dass Rave ausschließlich solidarisch handelt. Sie setzt sich für ihre späteren “Verbündeten” und Freunde ohne Widerstand ein. Dabei achtet sie darauf, dass sich jeder wohl und gleichberechtigt fühlt. Ebenfalls wird während des Buches erkennbar, dass Rave eine sehr verantwortungsbewusste Person ist, die ihr zugeteilte Aufgaben ehrgeizig erfüllt und mit vollem Einsatz erledigt. Insgesamt wird also während und auch schon zu Beginn des Buches dem Leser oder der Leserin bewusst, dass Rave eine starke Persönlichkeit besitzt, allerdings nichts desto trotz leicht beeinflussbar scheint, was man auf ihre frühe Kindheit zurückführen kann, die ihr ein Gefühl von Orientierungslosigkeit gab, welches noch nicht vollständig von der Jugendlichen verarbeitet wurde. Im Verlauf des Buches befreit sie sich aber von ihrer Beeinflussbarkeit und findet zurück zu sich selbst. Sie erkennt, dass es Grenzen gibt, die nicht überschritten werden dürfen und ist bereit alles aufzugeben, was sie mit viel Herzblut aufgebaut hatte, um ihrer Wertenorm gerecht zu werden. Rave ist also sehr stabil, was ihre Wertemeinung angeht und versucht diese konsequent einzuhalten.
Insgesamt handelt es sich um eine Protagonistin mit einem starken Charakter, einem guten Herzen, die durchaus Fehler machen kann, letztendlich allerdings das Richtige tut und konsequent gegen das vorgeht, was nicht ihrer Wertevorstellung entspricht.
Was möchten Sie den Leserinnen und Lesern vermitteln?
Im Roman werden die Höhen und Tiefen der Selbstfindungsphase im Teenageralter aufgegriffen. Ich möchte den Lesern und Leserinnen allgegenwärtige Probleme, die während dieser Zeit aufkommen können, aufzeigen und diese dadurch entkräftigen. Des Weiteren vermittle ich Toleranz und Offenheit gegenüber der LGBTQ+ Community, was jedoch eine Selbstverständlichkeit in der heutigen Zeit sein sollte. Ich versuche durch den Handlungsverlauf meiner Zielgruppe zu vermitteln, dass man auf der Suche nach sich Selbst und nach Selbstverwirklichung, ein Verlangen, dass gerade in diesem Lebensabschnitt beginnt zu wachsen, Neues probieren sollte, dabei allerdings eine gewisse Vorsicht walten lassen sollte.
Insgesamt möchte ich also durch die große Themenvielfalt eine vielfältige Zielgruppe an jungen Erwachsenen ansprechen, als eine Autorin, die eben genau aus dieser Ziel- und Altersgruppe entstammt. Durch meinen nahen Bezug zu den Leserinnen und Lesern, kann ich aktuelle Themen und die Gefühlswelt eines Jugendlichen wesentlich besser wiedergeben als eine Autorin oder ein Autor, der einen großen Altersunterschied zu seiner Zielgruppe hat. Genau aus diesem Grund war es mir wichtig, durch das Aufgreifen aktueller Themen, einen Roman zu veröffentlichen, mit welchem sich meine Altersgruppe, die Generation Z, identifizieren kann.
Wie würden Sie Ihren Schreibstil beschreiben und auf welche literarischen Modelle beziehen Sie sich?
Literarisches Modell
Inform der Mitgliedschaft in der Organisation, dem “Draconis Bund”, wird darauf hingewiesen, wie leicht man in der Zeit der Selbstfindung und als Jugendlicher, unbewusst in Sachen geraten kann, die sich erst später als gefährlich oder verhängnisvoll erweisen und auf die Zukunft bezogen negativ auswirken können. Die schöne Zeit des Jugendlichseins sollte genutzt werden, aber der oben angeführten Tatsache sollte man sich bewusst sein.
Insbesondere die Orientierungslosigkeit, die man in dieser Phase des Jugendlichseins verspüren kann, sollte gezielt durch das Entdecken von Neuem verringert werden, dabei sollte man sich allerdings nicht in Undurchsichtigem verlaufen.
Schreibstil
Grundsätzlich ist der Roman so aufgebaut, dass man meinen könnte, dass dieser von der Protagonistin selbst verfasst wurde, die ihre Eindrücke und Erlebnisse des letzten Jahres schildert und Buch dazu führt. Teilweise fühlt es sich für die Leser so an, als ob sich die Protagonistin direkt an diese wendet und ihnen immer wieder Einblicke gibt, wie sie über gewisse Dinge denkt und zu diesen steht. Gelegentlich kommt es sogar dazu, dass Rave den Lesern Ratschläge erteilt und ihnen aus selbst erlebten Geschehnissen zeigt, was passieren kann, wenn man sich auf gewisse Dinge einlässt und was dabei negative und positive Seiten sind. Die Protagonistin übernimmt also eine Erzähl- und Erklärposition und wendet sich durchaus direkt an die Lesergruppe. Trotz der Wirkung, die erzeugt wird, welche meinen lässt Rave wäre die Erzählerin des Romans, ist anderes der Fall. Eigentlich wird der Roman von einem auktorialen Erzähler erzählt, der sowohl Raves Gefühlswelt und Geschichte kennt als auch das gesamte Geschehnis von außen betrachtet. Das schafft eine gelegentlich spürbare Distanz zu Rave und ihrem Erlebnis. Interessant dabei ist, dass der auktoriale Erzähler auch über Informationen weiterer Personen verfügt, welche die Protagonistin in dem erzählten Lebensabschnitt begleiten. Insgesamt kommt es also zu einer Vermischung der beiden Erzählperspektiven im Roman. Durch den immer wieder auftretenden plötzlichen Wechsel von Raves Sicht zum auktorialen Erzähler wird ein Abstand geschaffen, welcher dem Leser und der Leserin ermöglicht sich selbst ein Bild von der vorherrschenden Situation zu machen und Gedankenfreiraum zu haben. Das Wechselspiel erzeugt Spannung und garantiert, dass Eindrücke der Lesergruppe, die ergänzend gesammelt werden, nicht zu kurz kommen können. Somit kann der Leser oder die Leserin während des Lesens komplett mit der Protagonistin Rave verschmelzen, doch der kritische Abstand bleibt. Genau diese Art des Erzählperspektienwechsels spiegelt meine Intention als Autorin wider, sich mit den alltäglichen und gegenwärtigen Problemen in der Jugendzeit zu beschäftigen und zu erkennen, dass es durchaus normal ist, dass diese auftreten. Doch das Handeln der Protagonistin ist natürlich nicht vollständig auf jeden Leser, jede Leserin übertragbar, weshalb doch noch eine gewisse Distanz vorherrscht, die genau diese Tatsache signalisiert.
Wie war Ihre Verlagserfahrung mit Europa Buch? Planen Sie, weitere Bücher zu schreiben?
Die Zusammenarbeit mit Europa Buch empfand ich als angenehm und fair. Die einzelnen Schritte bis hin zur Veröffentlichung liefen immer unter Absprache ab. Als Autorin hatte ich dabei das letzte Wort. Über die Zeit arbeitete ich mit verschiedenen, freundlichen Kontaktpersonen zusammen, die sich zeitnah um meine Anliegen kümmerten und ein offenes Ohr für meine Fragen hatten. Das offizielle Datum der Veröffentlichung hat sich allerdings um einen Monat verschoben. Bisher habe ich sehr gute Erfahrungen mit Europa Buch gemacht, aber letzte Schritte bis zur Vollendung der Zusammenarbeit stehen noch aus.
Im Moment arbeite ich an der Fortsetzung des ersten Romans “Rave-Die Auserwählten”. Es besteht durchaus das Interesse an einer weiteren Zusammenarbeit mit Europa Buch.
Wir danken der Autorin für die Beantwortung unserer Fragen und die Hilfe, den Text und die damit verbundenen Erfahrungen auf den Kern zu bringen. RAVE – DIE AUSERWÄHLTEN von Marlena Münchmeier, erschienen beim Verlag Europa Buch, verdient es, aufmerksam gelesen zu werden, denn der Roman befasst sich auf bewusste und tiefgreifende Weise mit grundlegenden Themen wie Liebe und Trennung, Eifersucht und enge Freundschaft, Schulleben und Prüfungsstress.