Heute besprechen wir das Buch Outsiders von Sheila Gutknecht, erschienen beim Verlag Europa Buch. Wir präsentieren hier ein Interview mit der Autorin des Buches, um die literarischen Aspekte und die wichtigsten Erfahrungen zu verdeutlichen, die in diesem Text verdichtet sind. Wir besprechen auch die wichtigsten Themen, die die Autorin im Laufe ihres Schreibens anspricht und die sie mit ihren Leserinnen und Lesern teilen möchte.
Outsiders von Sheila Gutknecht, erschienen beim Verlag Europa Buch ist eine spannende Geschichte von kultureller Begegnung und Solidarität, die es gelingen, Widrigkeiten zu überwinden. Ein junger syrischer Flüchtling fühlt den Drang, eine Kirche in Deutschland zu betreten, überwältigt von den Noten von Händels Messias. Eine ältere deutsche Frau und ihre Nachbarin, die sie kaum kennt, eine arabische Mutter von vier Kindern, umarmen sich, als sie entdecken, dass sie mehr gemeinsam haben, als sie dachten. Eine pensionierte Lehrerin besinnt sich auf ihre Wurzeln, als sie auf dem bayerischen Land einen spanischen Studenten trifft. Eine Reiseleiterin erinnert sich an den Bürgerkrieg, der ihr geliebtes Irland nur wenige Jahrzehnte zuvor zerrissen hat. Was haben diese Geschichten gemeinsam? Es sind Geschichten von ganz normalen Menschen, die sich aus dem einen oder anderen Grund als Vertriebene, Außenseiter, Fremde in ihrer Umgebung fühlen. Doch manchmal genügt eine zufällige Begegnung, ein gemeinsames Erlebnis oder vielleicht die Noten eines Liedes, um sich wieder zu Hause zu fühlen, und dann scheint der andere gar nicht mehr so anders zu sein als wir. Sheila Gutknecht erkundet in ihren feinfühligen Texten die Begriffe von Identität, Zugehörigkeit und Andersartigkeit.
Hier ist das Interview mit der Autorin: Viel Spaß beim Lesen.
Welche Themen bestimmen das Buch?
Ich habe Geschichten über Menschen geschrieben, die man vielleicht als Außenseiter betrachten könnte, entweder, weil sie Ausländer sind oder aus einem anderen Kulturkreis stammen, einen anderen Akzent haben oder einer anderen Religion angehören, um nur einige Beispiele zu nennen. Es geht oft nicht so sehr darum, dass man von anderen als Außenseiter gesehen wird, sondern dass man sich als solcher fühlt. Man fühlt sich ausgegrenzt, anders. Gleichzeitig geht es in den Geschichten darum, dass es nur einen Augenblick braucht, um Gemeinsamkeiten mit anderen zu finden – sei es in der Liebe zur Musik oder zum gemeinsamen Hobby oder dass man ein ähnliches Schicksal erlebt hat.
Ich weiß noch ganz genau, wie sich es angefühlt hat, als ich nach Deutschland kam und die Sprache nicht beherrschte, nicht zu wissen, worüber Menschen gesprochen oder gelacht haben. Im Chor jedoch habe ich ganz schnell über die Musik Zugang zu Anderen gefunden. Ich kam aber aus einem ähnlichen Kulturkreis, innerhalb Europas. Wie viel schwerer muss es sein, wenn man aus einer ganz anderen Kultur stammt und dann als Fremder in einem Land lebt, von dem man wenig weiß und wenig versteht.
Einige Geschichten spielen während der Corona Krise. Wir haben alle in der Zeit ein verändertes Leben geführt und manche von uns fühlten oder fühlen uns immer noch als Außenseiter in unserem eigenen Leben.
Was bedeutet es Ihrer Meinung nach, eine Identität zu haben?
Man denkt vielleicht nicht bewusst über seine Identität nach, aber ich glaube wer in sich ruht und in seinem Inneren glücklich ist, ist mit seiner Identität zufrieden. Heutzutage, in unseren bunten Gesellschaften, gibt es so viele unterschiedliche Identitäten – einige Beispiele sind Brasilianisch – Deutsch, LGBTQ, Afro – Amerikanisch.
Probleme entstehen dort, wo Menschen das Gefühl haben, sie müssen um ihre Identität kämpfen. Der Konflikt in meiner Heimat Nordirland war, und ist zum Teil immer noch geprägt von der Frage der Identität. Man definiert sich als Britisch, Irisch, oder Nordirisch oder manchmal alle zusammen. In manchen nordirischen Dörfern wird der Bürgersteig sogar rot – weiß – blau angestrichen, um die britische Identität des Dorfes zu unterstreichen – was andere Bürger wiederum als provozierend erleben.
Wie konstruiert man seine eigene Identität?
Ich denke, in dem man sich seines Lebensweges bewusst ist und seine Geschichte annimmt, entwickelt und akzeptiert man seine eigene Identität. Wenn ein Kind in der Erziehung Selbstvertrauen aufbauen kann und erlebt, dass es als Person in der Gesellschaft geschätzt wird, dann wird es später auf seine eigene Identität stolz sein. Natürlich kommen im Laufe des Lebens andere Umstände dazu, wenn man zum Beispiel das Herkunftsland verlassen muss. Die Sprache des neuen Landes zu lernen, hilft einem, sich in die fremde Gesellschaft einzufinden und dort eine neue Identität zu entwickeln. Viele Flüchtlinge haben sich in Deutschland ein Leben aufgebaut, und konnten ihre frühere Leidenschaft pflegen oder ihren Beruf hier weiterausüben – als Schuster, Maler, Koch, Ingenieur etc.
Wie können Dialog als Austausch von individuellen Erfahrungen und Begegnungen zwischen verschiedenen Kulturen zum spirituellen Reichtum und einem voll entwickelten Bewusstsein der Menschen beitragen?
Dialog ist sehr hilfreich und enorm wichtig. Ein gegenseitiges Erzählen hilft oft, Vorurteile abzubauen. Das habe ich hautnah bei einer Flüchtlingsfamilie erfahren. Wir sprachen über Ramadan. Ich habe sie darüber befragt. Sie erzählten mir viele Geschichten und fragten dann mich, ob und wie wir im Christentum fasten. Ich habe dann unsere Fastenzeit erklärt und wir haben Gemeinsamkeiten und Unterschiedlichkeiten erkannt.
Wir leben heute oft in einer „Blase“ in der wir uns mit Menschen umgeben, die oft ähnlich denken wie wir. Ich wünschte mir, dass wir häufiger die Chance hätten, mit anders denkenden oder empfindenden Menschen zu kommunizieren. Die Geschichten Anderer zu hören, kann unseren Horizont eigentlich nur erweitern.
Wie war Ihre Erfahrung als Autor mit Europa Verlag? Würden Sie es wieder tun? Planen Sie, weitere Bücher zu schreiben?
Ich denke es ist ein wenig früh hierüber ein Statement abzugeben, da, so wie ich es verstanden habe, der Prozess als Autor mit Europa Verlag noch nicht zu Ende ist und noch einiges Unbekanntes auf mich zukommt.
Was ich bis jetzt erlebt habe, war auf jeden Fall verständnisvoll und ermutigend in meiner Rolle als Erstautor und Neuling. Meine Lektorin hat mir gute Tipps gegeben, die ich auch umgesetzt habe. Ich habe öfters Ideen für Kurzgeschichten, weiß aber noch nicht, ob ich wieder etwas veröffentliche.
Wir danken der Autorin für die Beantwortung unserer Fragen und die Hilfe, den Text und die damit verbundenen Themen auf den Kern zu bringen. Outsiders von Sheila Gutknecht, erschienen beim Verlag Europa Buch, verdient es, aufmerksam gelesen zu werden und lässt uns auf eine literarische Reise gehen, an deren Ende wir alle bewusster der Rolle des Dialoges zwischen Religionen und der Wichtigkeit der gegenseitigen Anerkennung werden können.